Wer ein Medienbildungskonzept an einer Schule auf den Weg bringen möchte, hat bereits ein Bewusstsein für die Bedeutung digitaler Bildung entwickelt. Vielleicht hat man Fortbildungen besucht oder sich bereits über soziale Medien mit anderen Menschen vernetzt, die sich mit diesem Thema beschäftigen. Eventuell nutzt man schon selbst digitale Methoden und Medien ganz selbstverständlich im eigenen Unterricht. Andere Menschen tun das nicht. Sie stehen erst ganz am Anfang. Vielleicht zeigen sie gerade einmal keine VHS-Kassetten oder DVDs im Unterricht, sondern nutzen zögerlich YouTube-Videos. Ich sehe an Schulen sehr oft noch, dass Kolleginnen und Kollegen in Klassenräumen mit interaktiven Tafel schlicht einen Zettel unter die Dokumentenkamera legen und darauf dann ihr Tafelbild schreiben. Gleichzeitig findet man dann gerade bei solchen Kolleginnen und Kollegen schon einmal umfangreiche Film- und Audiosammlungen auf dem Schulserver, deren Herkunft zweifelhaft in Hinblick auf das Vorhandensein der notwendigen Rechte ist. Diese Lehrkräfte haben kein Bewusstsein für die Herausforderungen, die ein kompetenter Umgang mit digitalen Medien an sie stellt.
Ich erlebe bei „digitalen Wilden“ oft eine recht arrogante Reaktion auf derartige Verhaltensmuster. Da wird schnell belächelt, belehrt und auf die eigentlichen Möglichkeiten verwiesen. Gerne vergessen wir dabei, dass jeder, der sich heute für digital kompetent hält, derartige Gehversuche im Bereich des digitalen Lernens hinter sich hat. Man kann Dinge zeigen und von ihnen erzählen - man kann aber nicht Lernwege für andere Menschen gehen. Kürzlich in einem Vortrag hat die sehr kompetente Referentin diese Ansicht noch einmal bestärkt: In der Schulentwicklung ist es Gift, mitleidsvoll seitwärts auf die zu schauen, die noch nicht so weit sind wie man selbst.
Natürlich ist es manchmal frustrierend zu sehen, dass der Einsatz von einem Lernprogramm – am besten nur einsetzbar im PC-Raum der Schule – als Bestandteil eines innovativen Medienbildungskonzeptes gefeiert wird. Oder die Nutzung des PC-freien Modus von LED-Panels ist für viele dann schon „digital“.
Bis heute wissen die wenigsten Lehrkräfte, wie eine fundierte Recherche im Internet überhaupt funktioniert und dass man einen Wikipediaartikel eben nicht nur anhand der Zahl der angegebenen Quellen qualitativ bewerten kann, sondern meist viel besser anhand der Versionsgeschichte und der zugehörigen Diskussionsseite.
Sowohl der Einsatz eines Lernprogrammes als auch die Nutzung von Onlinemedien wie z.B. Youtube sind aber immerhin Anfänge von digitaler Bildung, da sie andere Formate (z.B. das Ausfüllen von Übungszetteln oder das Verwenden eines Karteikastens) zumindest substituieren.