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"Coronanachschläge" zum Digitalpakt

Die Coronakrise zwang Bund und Länder zur einer schnellen Reaktion auf den nun eingeschränkten Schulbetrieb. Daraus erwuchsen drei weitere Förderprogramme im rechtlichen Kontext des Digitalpaktes. Dieser rechtliche Kontext besteht im Prinzip aus einer Strategie zur lokalen Wirtschaftsförderung, so dass z.B. die Fördergelder fast zwangsläufig an die Träger gehen müssen. Insbesondere bei der Endgeräteförderung für Lehrkräfte wäre auch andere Strategien zumindest denkbar, aber formal nicht in endlichen Zeiträumen zu realisieren.

Einzelne Länder wie Niedersachsen ermöglichten durch eine Modifikation der landeseigenen Förderrichtlinie zum Digitalpakt eine vorzeitige Beschaffung der nun verstärkt in den Fokus geratenen Endgeräte, die der eigentliche Digitalpakt nicht primär adressiert.

Die zusätzlichen Förderprogramme sollte möglichst unbürokratisch durch die Kommunen genutzt werden können, sodass für diese Gelder bestimmte Regularien des Digitalspakts entfielen - etwa die Forderung nach einem Medienbildungskonzept. Alle zusätzlichen Förderprogramme umfassten ein Finanzvolumen von 500 Millionen Euro, die wie die Gelder des Digitalpakts nach dem Königssteiner Schlüssel auf die Länder verteilt wurden. Diese verpflichteten sich zu einer Aufstockung von 10% aus Landesmitteln - bei jedem Förderprogramm.

Die Förderprogramme sind hier chronologisch abgehandelt. Die Benennung hier auf der Seite weicht bewusst von der jeweils offiziellen Bezeichnung ab, um zu beschreiben, was eigentlich hinter den Förderprogrammen steht.

Modifikation Digitalpakt zur vorgezogenen Beschaffung von Endgeräten - nur Niedersachsen

Die Förderrichtlinie zum Digitalpakt in Niedersachsen ist in Bezug auf die Beschaffung von Endgeräten gelockert worden. Es besteht jetzt die Möglichkeit, Geräte nach Absatz 2.6 der Förderrichtlinie vorgezogen zu beschaffen.

Kurzfassung
  • Die Bedürftigkeit von Schüler:innen legt nicht die Schule fest. Es bedarf harter Kriterien. Ein hartes Kriterium ist die Befreiung vom Entgelt bei der Lehrbuchausleihe
  • Auch für die im Rahmen der Lockerung beschafften Geräte gilt, dass ein halbes Jahr nach Abschluss der Maßnahme im Medienbildungskonzept Aussagen zur Verwendung der Geräte über die Coronakrise hinaus gemacht werden müssen.
  • die Maximalsumme von 25.000 Euro für digitale Endgeräte je Schule bleibt
  • Träger verpflichten sich zur unverzüglichen Ertüchtigung der Infrastruktur im Kontext der vorgezogenen Beschaffung
  • Die Lieferzeiten der Geräte sind momentan lang
  • Vorgaben für Ausschreibungen bleiben unberührt

Förderprogramm: Ausstattung benachteiligter Schüler:innen mit Endgeräten ("Digitalpakt 2")

Der Bund hat dieses Förderprogramm aufgelegt. Es addressierte Schüler:innen ohne geeignetes Arbeitsgerät im häuslichen Bereich. Rechtlich ist es als Zusatzvereinbarung zum Digitalpakt konzipiert worden. Die Bundesländer haben eigene, landesbezogene Förderrichtlinien erarbeitet, die nur unwesentlich von den Bundesvorgaben abwichen. In Niedersachsen wurde zusätzlich zur Ausstattung mit Endgeräten die Beschaffung von Ausstattung zur Durchführung von Fernunterricht ermöglicht. Das Programm gilt mittlerweile als abgewickelt. Es gab vereinzelt Träger, die keine Mittel angerufen haben. Diese Mittel gingen zurück in einen großen Pool, aus dem dann Gelder an Träger aufgestockt werden konnten, die noch Verwendung dafür hatten.

Dass die Endgeräte teilweise erst sehr spät bei den bedürftigen Schüler:innen ankamen, hatte vor allem mit Lieferschwierigkeiten der Hersteller im Kontext einer durch Corona nicht optimal leistungsfähigen Weltwirtschaft zu tun. Die formale Abwicklung des Förderprogrammes lief im Vergleich zu anderen vergleichbaren Maßnahmen auch für nicht-deutsche Verhältnisse extrem schnell.

Je nach gemeldetem Bedarf reichen die Fördergelder nicht für alle bedürftigen Schüler:innen - in Niedersachsen könnte dann aus Digitalpaktmitteln ergänzt werden - mit dem Damoklesschwert, dass dafür ein Medienbildungskonzept erstellt werden muss.

Förderprogramm: Ausstattung von Schulen mit Endgeräten zum Verleih an Lehrkräfte ("Digitalpakt 3")

In der Presse wurde leider der Eindruck erweckt, als ginge es bei diesem Förderprogramm um die Bereitstellung von Geräten für den dienstlichen Gebrauch durch Lehrkräfte. In einigen Bundesländern wie z.B. NRW ist das auch tatsächlich so.

Mit einhergehen mit einer solche Vorgabe muss eine Konfiguration solcher Geräte, die sie für den Zweck der Unterrichtsvorbereitung eigentlich untauglich machen. In vielen Bundesländern wird noch zwischen Trägern und dem jeweiligen Land gestritten, welche Status diese Geräte letztlich bekommen werden - für Niedersachsen sieht es z.B. jetzt im März 2021 eher danach aus, dass es lediglich Geräte werden, die in das jeweilige Schulnetz integriert sind und Lehrkräften zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt werden.

Das sorgt insgesamt in der Fläche für Verwirrung: Lehrkräfte brauchen Geräte, mit denen sie möglichst offen und frei arbeiten können. Die Verarbeitung dienstlicher Daten wie z.B. Noten, Adressen, Klassenlisten etc. erfordert jedoch eine möglichst geschlossene, intervenierbare Konfiguration. Eine Lösung liegt aus meiner Sicht darin, die Verarbeitung jedweder dienstlicher Daten auf einem Endgerät zu untersagen und stattdessen webbasierte Landesumgebungen dafür zu schaffen, auf die über eine verschlüsselte Verbindung per Browser zugegriffen werden kann. Dies käme den tatsächlichen Anforderungen an Geräte für Lehrkräfte aus meiner Sicht am nächsten.

Förderprogramm: Ausstattung der Schulträger mit Mitteln zur Administration ("Digitalpakt 4")

Das vorerst aktuellste Förderprogramm adressiert die Administration der durch den Digitalpakt insgesamt aufwachsenden digitalen Infrastruktur an den Schulen. Bisher liegt eine Bund-Länder-Vereinbarung vor. Die länderspezifische Umsetzung in Form von Landesrichtlinien ist jetzt im März 2021 noch nicht sehr weit fortgeschritten. Hier gilt es noch abzuwarten, wie sich in konkreten Ausgestaltungen entwickeln. Denkbar erscheint mir die Förderung von Lohn- und Ausbildungskosten von trägereigenem Supportpersonal oder die Finanzierung von unterstützenden Systemen zur Verwaltung von Rechner- und Tabletpools (MDM-Systeme). Bis sind das jedoch Spekulationen.

Bewertung der Förderprogramme

Die Endgeräteförderung für benachteiligten Schüler:innen („Digitalpakt 2“) hat meines Erachtens zumindest für meine Region in Niedersachsen ganz gut geklappt. Das Nachsehen hatten vor allem kleine Träger, die nur geringe Stückzahlen ausgeschrieben hatten und vom Markt dadurch nachrangig bedient wurden. Das zieht sich teilweise bis heute hin.

Die „Dienstgeräteförderung“ („Digitalpakt 3“) für Lehrkräfte krankt an einer finanziell zu schwachen Hinterlegung. In der Regel kommen zwischen 370-500 Euro pro Gerät zusammen, was Qualität uns Auswahl an Geräten stark einschränkt. Dabei sollte man jedoch die breite Masse an Lehrkräften vor Augen halten, für die es u.U. das erste Gerät ist, was im unterrichtlichen Kontext zum Einsatz kommt. Sehr schräg ist, dass kommunale Träger durch die Hintertür Landespersonal ausstatten. Das sorgt für immense formale Unwägbarkeiten und ungeklärte Verantwortlichkeiten. Flexibilität bei Auslegung der Förderrichtlinie ist durch die „Aufsattlung auf den Digitalpakt“ nur sehr begrenzt möglich. Die Bundesländer gehen damit sehr unterschiedlich um: Bayern legt Landesmittel dazu und beschafft als Land die Geräte selbst, Baden-Württemberg und auch Niedersachsen reichen lediglich die Bundesmittel an die Träger aufgestockt um den Landesanteil von 10% an die Träger durch. Die Frage nach dem Support bleibt in allen Fällen ungeklärt.

Die „Administrationsbeihilfen“ („Digitalpakt 4“) sind bitter nötig, dürfen aber aus meiner Sicht keine Einmalförderung bleiben. Die Gerätepools und Netze an den Schulen werden dauerhaft wachsen und bedürfen daher der fachkundigen Betreuung.