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buch:kapitel05 [2016/11/15 18:45] – [Finanzierung und Organisation] administratorbuch:kapitel05 [2016/12/25 12:43] – [Soll man also keine Lernplattform einsetzen?] administrator
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 Man kann ausweichen auf Communities rund um Cyanogenmod – wenn man technisch sehr versiert ist und viel Zeit hat – aber für Schulen im Allgemeinen ist das keine Option. Man kann ausweichen auf Communities rund um Cyanogenmod – wenn man technisch sehr versiert ist und viel Zeit hat – aber für Schulen im Allgemeinen ist das keine Option.
  
-In der Schule brauche ich nach meinem Empfinden Geräte, die mindestens drei, besser fünf Jahre zuverlässig laufen. Realistisch finde ich eher einen Gerätewechsel nach drei Jahren, d.h. mindestens(!) drei Geräte pro Schullaufbahn, denn schon heute werden die meisten Menschen (auch und gerade SuS!)  Geräte, die noch älter sind, aufgrund des technologischen Wandels als unzumutbar empfinden+In der Schule brauche ich nach meinem Empfinden Geräte, die mindestens drei, besser fünf Jahre zuverlässig laufen. Realistisch finde ich eher einen Gerätewechsel nach drei Jahren, d.h. mindestens(!) drei Geräte pro Schullaufbahn, denn schon heute werden die meisten Menschen (auch und gerade SuS!)  Geräte, die noch älter sind, aufgrund des technologischen Wandels als unzumutbar empfinden
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 +==== BYOD ==== 
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 +Während in den bisherigen Szenarien die Schule die Beschaffung, Finanzierung und ggf. auch Wartung der Geräte organisiert, läuft das beim BYOD-Konzept völlig anders: 
 + 
 +BYOD meint „Bring Your Own Device“ = „Bring dein eigenes Gerät mit“. BYOD geht von der Annahme aus, dass im privaten Bereich ohnehin schon Geräte vorhanden sind, die sich auch in der Schule nutzen lassen. Das hat einige Vorteile: 
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 +<WRAP center round info 60%> 
 +  - Die gesamte Organisation rund um Finanzierung und Wartung der Geräte ist nicht Aufgabe der Schule. 
 +  - Die Geräte sind den Schülerinnen und Schülern vertraut und sie beherrschen zumindest Grundfunktionen. 
 +  - Ein eigenes Gerät wird oftmals besser und pfleglicher behandelt. 
 +  - Die Schülerinnen und Schüler bestimmen die Softwareausstattung weitgehend selbst 
 +  - Auch bei BYOD sind Teile des jeweiligen Gerätes grundsätzlich [[https://www.filewave.com/|fernadministrierbar]], d.h. ich kann als Schule Softwarelizenzen gesammelt einkaufen und an Schülerinnen und Schüler verteilen   
 +</WRAP> 
 + 
 +Zum heutigen Stand der Technik sehe ich persönlich wesentlich mehr Schatten als Licht im Kontext von BYOD: 
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 +<WRAP center round alert 60%> 
 +  - Die große Heterogenität an Geräten ist eine Überforderung, vor allem für die Lehrkräfte, sodass die Implementierung eine große Herausforderung wird. 
 +  - Die Grundannahme, dass Schülerinnen und Schüler ihre Geräte beherrschen, erlebe ich als falsch. Es gibt in der Breite allenfalls sehr rudimentäre Kenntnisse auf Anwenderebene. 
 +  - Der finanzielle Background des Elternhauses entscheidet über die Qualität des eingesetzten Geräts. 
 +  - Das eigene Gerät ist meist mit wesentlich mehr "Ablenkungspotential" bestückt. 
 +  - Die Heterogenität bringt enorme Herausforderungen für die Zusammenarbeit innerhalb des Klassenverbandes. Selbst so simple Dinge wie ein Dateiaustausch kann zu einer zeitfressenden Aufgabe werden. 
 +  - Die Heterogenität bringt enorme Herausforderungen bei der Ausstattung des Schulnetzes mit sich. Es ist ja nicht mit WLAN alleine getan, sondern ggf. möchte man Arbeitsergebnisse auch präsentieren können. Was nimmt man da? AppleTV? Display Adapter? WiDi? MiraCast? 
 +</WRAP> 
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 +Einige Schule behelfen sich mit folgenden Strategien aus dem "Heterogenitätsdilemma": 
 +  - Den SuS und Eltern wird konkret eine Geräteauswahl vorgebenen ("Aus diesen x Geräten können Sie wählen ..."
 +  - Den SuS und Eltern werden technische Spezifikationen vorgegeben (Betriebssystem, Displaygröße, ggf. bestimmtes Zubehör etc.) 
 + 
 +Der Sprung in die absolute Heterogenität ist in meinen Augen nichts für Schulen, die sich gerade auf den Weg machen, um vermehrt digital zu arbeiten. Die Hürden für die Lehrkräfte sind hier immens hoch, da Grundprinzipien verschiedener Betriebssysteme beherrscht sein wollen. Auf die "Kompetenz der SuS" oder der "umgekehrten Lernsituation" (Kolleginnen und Kollegen lernen von SuS) kann nach meiner Erfahrung nur mit Einschränkungen gebaut werden. Daher: 
 + 
 +<WRAP center round tip 60%> 
 +Wenn mit BYOD gestartet werden soll, dann bitte mit einschränkenden Vorgaben, was die Geräteauswahl angeht. Wenn sich die Kompetenzen einer Schulgemeinschaft erweitert haben, kann Zug um Zug eine Öffnung erfolgen.  
 +</WRAP> 
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 + 
 +==== Präsentationslösungen ==== 
 +==== Schulserverlösungen ==== 
 +==== Lernplattformen ==== 
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 +=== Vorbemerkung: === 
 +Ich äußere hier meine Sicht und meine Meinung zum Thema Lernplattformen, die sich allein auf meinem persönlichen Erfahrungswissen gründet. Auch ich kenne Schulen, an denen es mit einer Lernplattform gut läuft und auch ich denke, dass in bestimmten Konstellationen eine Lernplattform ggf. hilfreich für Schulentwicklung sein kann. 
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 +=== Warum ich Lernplattformen sehr kritisch sehe === 
 +Lernplattformen wie Moodle, Commsy oder auch kommerzielle Varianten wie itslearning, Webweaver, Google Classroom und iTunes U stellen eine virtuelle Lernumgebung bereit. 
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 +Das Prinzip ist fast immer gleich: Ein zentrales Login ermöglicht Zugriff auf bestimmte Funktionen, die sich gruppieren und strukturieren lassen, z.B. kann ich innerhalb von Moodle sogenannte Kurse anbieten, die diverse Funktionen bereitstellen, etwa ein Forum, Arbeitsmaterialien, eingebettete Medien, Onlinetests u.v.m.. Diese Kurse kann ich teilen, exportieren, wiederverwerten, gemeinsam mit anderen Lehrkräften entwickeln. Darüberhinaus werden zunehmend Kurationstools eingesetzt, etwa bei iTunes U: Ich kann ähnlich wie bei paper.li Webinhalte auf einer speziellen Seite zusammenstellen – quasi ein Webquest auf multimedial. 
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 +Das hört sich erstmal prima an. Ich war in Deutschland lange Zeit sehr aktiv in der Moodleszene und hatte als Berater Zugriff auf zahlreiche Testinstallationen kommerzieller Produkte. Ich bin kein Maßstab, weil ich zentralisierte Dinge für die Arbeit mit digitalen Medien nicht mehr benötige, aber keine der Teststellungen und keine meiner Testinstallationen in den letzten Jahren hat mich in irgendeiner Weise dazu gebracht, Spaß oder Freude bei der Arbeit mit dem jeweiligen System zu empfinden. 
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 +Das ist ja auch nicht zwingend notwendig, aber dazu kam, dass auch der für mich sehr typische pragmatische Zugang auf keiner der Lernplattformen möglich war: Sie kosteten mich einfach nur Zeit durch die komplizierte Bedienung, die vorgegebenen Strukturen, das oft haarsträubende Dateimanagement, die proprietären Schnittstellen – und ich halte mich selbst für einen mittelmäßig begabten Anwender (das ist etwas völlig anderes als ein Techniker oder Administrator). Es gibt eine Reihe von Werbeaussagen zu Lernplattformen, die ich im Folgenden einmal aufs Korn nehmen möchte: 
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 +=== 1. Eine Lernplattform bietet schulweit einen geschützten Raum mit klar definierter Benutzerführung === 
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 +Das stimmt von einem technologischen Standpunkt aus. Hypothetisch bietet sie das. „Schulweit“ bedeutet für mich, dass alle Lehrkräfte in diese Plattform eingewiesen sind und regelmäßig im Unterricht mit ihr arbeiten. Nur so entwickeln sich Routinen im Alltag. Tatsächlich höre ich von Schulen, in denen Lernplattformen „eingeführt“ sind, ganz oft ganz andere Dinge. „Schulweit“ bedeutet in der Realität oft genug „drei oder vier besonders aktive Lehrkräfte mit ihren Lerngruppen“. 
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 +„Schulweit“ ist eine Haltung, die schon vorhanden sein muss, bevor eine Lernplattform ihr unterstützendes Potential überhaupt entwickeln kann. 
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 +„Einfach mal machen“ führt oft genug lediglich dazu, dass eine Lernplattform 1:1 die Strukturen an einer Schule abbildet – somit ist sie für mich dann zwar ein tolles Beratungsinstrument, aber oft genug sehr bald für die Schule selbst eine zusätzliche Belastung. 
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 +Man sieht das recht hübsch an den Diskussionen im deutschen Forum auf moodle.org. Immer noch drehen sich gefühlt 90% der Fragen um Sperren, Einschränken, Bewertungsraster feintunen und ähnliche Dinge. 
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 +Wenn ich versuche, in Richtung  „schulweit“ zu beraten, kommt seltsamerweise am Schluss oft eben nicht die Entscheidung für eine Lernplattform dabei heraus, sondern erstmal sowas in die Richtung wie Dateiaustausch, Termine, E-Mail – also typische Cloudfunktionen. Danach entwickelt es sich oft eher von dem Grundkonstrukt „Lernplattform“ weg. 
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 +=== 2. Eine Lernplattform bietet erweiterte Möglichkeiten der Zusammenarbeit zwischen Lehrkräften durch z.B. Austausch von Materialien, Aufgabenstellungen und Medien === 
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 +Das stimmt von einem technologischen Standpunkt aus. Hypothetisch bietet sie das. Ich kann z.B. bestimmte Strukturen exportieren und im nächsten Jahr wiederverwenden. Wenn ich einen Kurs zum Thema „Programmieren mit Arduino“ erstellt habe, kann ich diesen darüberhinaus mit anderen Lehrkräften teilen. Bei Moodle kann ich sogar im gleichen Kurs mit verschieden Gruppen gleichzeitig arbeiten, ohne dass diese Gruppen sich gegenseitig sehen. Ich kann das. Was ist mit meinem Kollegen, der nicht einmal weiß, wie er das Bild des Notebooks auf den Beamer bekommt? Der wird schon an der Anmeldung und der Einrichtung eines Kurses in Moodle scheitern – andere Systeme sind da aber tatsächlich entschieden intuitiver. 
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 +Wer darüberhinaus schon einmal einen Kurs in einer Lernplattform gebaut hat, weiß, dass das oft Stunden dauert – für mich völlig ineffizient. Zudem will ich ja gerade nicht nur Inhalte bereitstellen, sondern ich möchte mich z.B. im Fach Deutsch mit meinem Fachwissen mit den von SuS erstellten Inhalten auseinandersetzen und sie selbst darüber ins Gespräch bringen. 
 + 
 +Wenn ich hingegen Inhalte bereitstellen muss (z.B. im Fach Chemie), dann tue ich das doch nicht auf einer proprietären Lernplattform mit ihren für mich extremst eingeschränkten Im- und Exportfunktionen. Meine Inhalte sind für mich als Lehrer eine essentielle Ressource, mit der ich mich nicht an ein Format binden möchte, was ich nicht selbst kontrollieren kann. Wenn eine Schule z.B. jahrelang bei Anbieter x auf Lernplattform y gearbeitet und der Anbieter dann z.B. die Preisstruktur massiv ändert (das ist kein hypothetisches Setting, sondern das kommt vor!) – sage ich dann als Schule: „Och, jetzt ist zwar die Arbeit von Jahren im System, aber den Preis, nö, den zahle ich nicht und wechsle jetzt zu Anbieter z!“ 
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 +Meiner Meinung nach unterschätzen viele Anbieter genau diesen Aspekt, weil er selten so klar formuliert wird, aber intuitiv bei vielen Lehrkräften eine sehr große Rolle spielt. Dazu kommt die Angst, dass Materialien durch die digitale Präsenz auf einmal auch beurteil- und evaluierbar werden. Das kann man kritisieren und doof finden. Die Angst bleibt trotzdem. 
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 +=== 3. Eine Lernplattform ist ein zentrales Instrument zur Organisation von Kommunikationsprozessen an Schulen und schafft so Transparenz === 
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 +Das stimmt von einem völlig veralteten technologischen Standpunkt aus. Meist funktionieren Lernplattformen so, dass man sich über eine Weboberfläche einloggen muss, um dann auf eine Art Dashboard zu kommen, was alle relevanten Informationen für mich anzeigt. Oder es gibt eine gesonderte App für ein Mobilgerät (Handy, Tablet), die das für mich erledigt. In meiner Welt (und in der Welt der Mobilgeräte überhaupt) findet Datenaustausch aber recht anders statt: 
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 +  * E-Mail über imaps 
 +  * Termine über CalDAVs 
 +  * Dateien über WebDAVs 
 +  * Nachrichten über XMPP (mit Ende-zu-Ende-Verschlüsselung) 
 +  * Kontaktdaten über CardDAVs 
 +  * Inhalte über XML 
 +  * […] 
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 +Das sind alles offene Protokolle/Formate, wie sie jeder von uns täglich nutzt ohne es zu wissen, weil irgendeine App das erledigt, die wir entweder vom Hersteller des Betriebssystem übernehmen oder aber selbst bestimmen. Hersteller von Lernplattformen neigen zum überwiegenden Teil dazu, diese offenen, freien und verschlüsselten Standards durch irgendetwas zu ersetzen, das nur zu ihrer jeweiligen Lernplattform passt. 
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 +=== Soll man also keine Lernplattform einsetzen? === 
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 +Nein. Natürlich soll man ernsthaft prüfen, ob eine Lernplattform für die eigene Schule eine Möglichkeit darstellt. Erfolgreich wird man dabei aber nur sein, wenn man die [[buch:orientierungsphase|Orientierungphase]] gut gestaltet und auch [[/buch/kapitel04#der_nervende_datenschutz|Datenschutzbelange]] in den Blick nimmt.  
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 +==== Der sterbende(?) Computerraum ====